Die Kokenmühle

Bekanntes Wahrzeichen von Lingen

Die alte Kokenmühle (um 1910)

Jeder in Lingen kennt die verwunschene Parkanlage der Kokenmühle in der Nähe des Bahnhofs mit dem Mühlengebäude und dem alten Müllerhaus. Grund genug, die Geschichte dieses Anwesens hier in Bild und Text einmal näher vorzustellen.

Die Kokenmühle (links) auf einer der ältesten Ansichtskarten von Lingen (um 1895)

In der Zeit um 1800 lag das Gelände der Kokenmühle noch vor den Toren der Stadt in der offenen Landschaft auf der sogenannten Stadtflur. 1796 erhielt der Kaufmann Schlarmann die Erlaubnis der damaligen preußischen Regierung, dort „an der alten Schwedenschanze“ eine Windmühle mit drei Mahlgängen für Korn zu errichten. Damals, zur Zeit der napoleonischen Kriege, hielten sich viele Exilanten aus den Niederlanden in der Stadt auf und die Bevölkerungszahl war stark gestiegen. Da war eine neue Kornmühle unerlässlich und Wind gab es in Lingen schon damals mehr als genug.

Anfang 1813 verkaufte Schlarmann seine Mühle nebst zwei Wohnhäusern an den Kaufmann Johann Heinrich Ludwig Koke und seine erste Frau Franziska, geb. Grote. Koke war ein Sohn des Lingener Fährpächters Johann Andreas Koke. Die Familie stammte ursprünglich aus Dissen am Teutoburger Wald und war in der Zeit um 1750 nach Lingen gezogen.

1813 brannte die Windmühle nieder und 1816 entstand dann eine neues, aus Stein gebautes Mühlengebäude mit einem hölzernen Aufbau. Von einer Galerie aus konnte der Mühlenkopf in die Windrichtung gedreht werden. Das imposante Bauwerk gehörte fortan zur Silhouette der Stadt.

Für diese Mühle waren 1826 etwa 500 „Mahlgäste“ angegeben, die dort ihr Korn mahlen ließen. 1841 besaßt die Mühle zwei Mahl- und zwei Graupengänge.

Die Kokenmühle vom Wasserturm aus (um 1910)

Zwei Söhne des Müllers Koke wanderten damals nach Amerika aus. Nachfolger auf der Kokenmühle wurde ein Sohn aus zweiter Ehe, Johann Friedrich Ludwig Koke. Er plante 1860, den Betrieb von Windkraft auf Dampfkraft umzustellen und damit eine Korn-, Öl- und Sägemühle zu betreiben.

Die alte Zufahrt zur Kokenmühle (um 1910)

Die Stadtväter wollte ihm den Betrieb einer Dampfmaschine aber untersagen. Daraufhin setzten sich die Bäckermeister der Stadt in einem Schreiben für Koke ein und begründeten dies mit dem häufigen fehlen von Wind und Wasser in Lingen. Nur eine Dampfmühle sei in der Lage, die zunehmende Einwohnerzahl der Stadt ohne Rücksicht auf Wind und Wetter zu versorgen.

Die Kokenmühle mit dem Schornstein für die Dampfmaschine

Am Ende erhielt Koke doch die gewünschte Konzession. Ein Maschinenhaus mit einem Schornstein für die Dampfmaschine wurde errichtet und ein Sägewerk aufgebaut. Die Kornmühle erhielt einen geräumigen Anbau mit Lagerräumen für einen Landhandel mit Getreide, Mehl, Holz und Kohlen.

Der Wasserturm und die Kokenmühle mit dem Sägewerk (links)

Unter dem Sohn Hermann Koke, der auch Senator im Rat der Stadt Lingen war, erfolgte die Umstellung der Mühle von Windkraft auf elektrischen Betrieb. 1936 übernahm Hermanns Sohn, der Kaufmann Friedrich Koke, die Mühle samt Sägewerk, Korn- und Mehlhandlung.

Das Fahrzeug des Landhandels der Kokenmühle (um 1935)

Bis in das 20. Jahrhundert prägte der hohe Mühlenturm mit den Windmühlenflügeln die Silhouette der Stadt. Doch bei einem Luftangriff 1944 wurde das Gebäude schwer getroffen und der obere Teil durch Bomben zerstört.

Die Kokenmühle nach dem Wiederaufbau (um 1960)

Nach dem Krieg wurde die Mühle wieder aufgebaut, nun aber als reine Motormühle. Da Friedrich Koke selber keine Kinder hatte, wurde die Mühle später von seinem Neffen Hermann Nickel weitergeführt. Dieser stellte den Mühlenbetrieb 1980 schließlich ein.

Der alte Mühlenstumpf mit dem Grundstein von 1816 ist in dem Gebäude noch erhalten. Auch die alten Mühlsteine aus dem 19. Jahrhundert sind ebenfalls noch vorhanden und erinnern an die einstige Müllerherrlichkeit.

Die alte Tankstelle als Bauruine (1997)

In den 50er-Jahren wurde am Rande des Mühlengeländes eine Tankstelle errichtet, die wegen ihrer besonderen Bauweise später unter Denkmalschutz gestellt wurde. Sie ist heute in ein modernes Wohn- und Geschäftshaus integriert. Ein ausgezeichnetes Beispiel für die Verbindung von Alt und Neu im Denkmalschutz. Und aus den oberen Wohnungen hat man einen einzigartigen Ausblick auf das Lingener Stadtzentrum.

Die Familie Koke vor der Mühle (um 1925)

An die Familie Koke erinnert neben der Mühle und einem Straßennamen auch das Koke-Mausoleum auf dem Alten Friedhof, das heute als Columbarium dient.