Wenn draußen friert und drinnen kalt ist
Das offene Herdfeuer war jahrhundertelang der Inbegriff des traditionellen Wohnens in Norddeutschland. Auch im Emsland brannte noch vor 150 Jahren in den meisten Bauernhäusern und sogar in manchen Häusern in der Stadt ein Feuer ohne Herd und Ofen.
Mitten in den großen Küchen der alten Bauernhäuser brannte das Feuer in einer offenen Herdstelle zu ebener Erde. Über den Flammen hingen an einem verstellbaren Haken der Wasserkessel oder der große Kochtopf.
Darin wurde der sprichwörtliche Eintopf gekocht wurde, denn über den Flammen konnte immer nur ein Topf hängen, in dem alles zusammen gekocht wurde. Die feine bürgerliche Küche war hier unbekannt.
Als Brennmaterial dienten Torf und Brennholz, meist Wurzelstubben oder krumme Äste, die als Bau- und Möbelholz nicht geeignet waren. Hinzu kamen sogenannte Buschen, Bündel aus Reisigholz, die besonders zum Anfachen des Feuers geeignet waren. Torf war ein preiswerter Brennstoff, aber der beißende Qualm war unangenehm, zumal die meisten Häuser ursprünglich keinen Rauchfang und keinen Schornstein besaßen.
In diesen „Rauchhäusern“ musste sich der Qualm durch Luken, durch Ritzen und durch das Strohdach seinen Weg ins Freie suchen. Das war in den großen Häusern mit den hohen Küchenräumen noch hinnehmbar, aber in den niedrigen Heuerhäusern war das Leben im Winter eine wahre Qual.
Mit einem offenen Herdfeuer konnte man die großen Küchen in den alten Bauernhäusern im Winter niemals warm bekommen. Die Wände waren dünn und ohne Dämmung, Fenster und Türen hatten keine Abdichtungen. Dennoch liebten die alten Emsländer ihr offenes Herdfeuer und behalfen sich bei Kälte lieber mit einer Wärmeflasche oder einem Stövchen mit glühenden Holzkohlen, das sie sich unter die Füße setzten.
Seit dem 17. Jahrhundert wurden zunehmend Rauchfänge und Schornsteine in die Häuser eingebaut – erst in den Städten und später auch auf dem Lande. Damit entstand aber Zugluft in der Küche und deshalb zog man nun in den Bauernhäusern auch eine Trennwand zwischen Küche und Diele ein. Das gemeinsame Wohnen von Mensch und Tier in einem Raum hatte damit ein Ende.
Auf der Rückseite des Herdfeuers befand sich die Herdwand. Sie war in den alten Fachwerkhäusern die einzige massive und damit feuersichere Wand. Unten waren in der Regel drei Sandsteinplatten mit Namen und Jahreszahlen eingebaut. Die Fläche darüber dekorierte man mit handgemalten niederländischen Fliesen. Es gab Kacheln mit Mustern oder mit Landschaftsbildern – alles handgemalt. Beliebt, aber leider sehr teuer, waren große Fliesenbilder, die über mehrere Kacheln gemalt waren. Sie zeigen meistens Szenen aus der Bibel oder aus dem bäuerlichen Leben.
Typische Herdgeräte am offenen Feuer waren der höhenverstellbare Kesselhaken, das Blasrohr zum Anfachen der Glut und die Feuerböcke zum Anlegen von großen Wurzelstubben. Die Bratpfanne mit einer speziellen Halterung durfte niemals fehlen, denn darin wurden die beliebten Pfannkuchen gebacken.
An den Tagen zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag legte man in vielen Bauernküchen einen gewaltigen Baumstamm auf das Feuer, das sogenannte Middewinterstück. Er wurde mit Pferden in die Küche gezogen und brannte dort mehrere Tage lang. Auf einem Schulzenhof in Listrup hatte man einst einen Baumstamm auf dem Herdfeuer entfacht. Am dritten Tag soll noch eine Eule aus einem Astloch herausgeflogen sein.
Um 1850 wurden im Emsland die ersten Kochmaschinen oder Stangenherde angeboten, bei denen das Feuer in einer Ofenkammer gebändigt war. Die letzten offenen Herdfeuer im Emsland verschwanden in den 1920er-Jahren.
Nur in manchen Gaststätten behielt man das Herdfeuer aus Gründen der Gemütlichkeit für die Gäste noch länger bei. Man merkt es sofort, wo ein solches Feuer brenn, denn schon beim Betreten des Hauses spürt man den typischen Geruch des Feuers.