Die 600-Jahrfeier der Stadt Lingen

Umstrittenes Jubiläum, große Heimatschau

Thron der Kivelinge in mittelalterlichen Kostümen beim Stadtjubiläum 1928

Lingen hat schon zwei Mal große Stadtjubiläen gefeiert, 1975 die „1000-Jahr-Feier“ und 1928 die „600-Jahrfeier“. Die Grundlage des umstrittenen Stadtjubiläums von 1928 bildete eine Urkunde aus dem Jahre 1327 in lateinischer Sprache, die nur als Abschrift einer Abschrift überliefert ist und deren genaue Datierung bis heute Fragen aufwirft. Angeblich werden darin zum ersten Mal die Stadtrechte Lingens bezeugt, doch handelt es sich dabei keineswegs um eine Gründungsurkunde oder ein Dokument über die Verleihung der Stadtrechte.

Nachbau des Mühlentores, Blick stadtauswärts

Jedenfalls beschloss man in den 20er-Jahren, diese Urkunde als Anlass einer 600-Jahrfeier der Stadt Lingen im Jahre 1927 zu werten. Die Zeitumstände mit Inflation, Wirtschaftskrise und steigender Arbeitslosigkeit ließen allerdings kein Fest in großem Rahmen zu. Und als Anfang Juni 1927 ein Wirbelsturm das Stadtzentrum verwüstete, sagte man alle geplanten Feierlichkeiten erst einmal ab.

Nachbau des Lookentores, Blick stadteinwärts

Am 1. September des Folgejahres 1928 wurde das Jubiläum nachgeholt. An Stelle der früheren Stadttore an der Lookenstraße und der Mühlentorstraße wurden Eingangstore im mittelalterlichen Stil errichtet.

Nachbau des Machuriusbogens am Weg zur Wilhelmshöhe, gestaltet von Wirt und Bildhauer Heinrich Lobenberg

Den Eingang zur Wilhelmshöhe, Schauplatz des offiziellen Festaktes, schmückte ein fantasievoller Nachbau des Machuriusbogens, der von verkleideten Kivelingen in Landsknechtsuniformen belebt wurde. Verantwortlich für diesen besonders reich ausgestatteten Festbogen zeichnete der Wirt Heinrich Lobenberg, der vor der Übernahme der Wilhelmshöhe eine Ausbildung zum Bildhauer absolviert hatte.

Den Marktplatz schmückte ein großer Ehrenbogen

Auch der Marktplatz war für die Jubiläumsfeier mit einem großen Ehrenbogen in modernem Stil geschmückt.

Am alten Stadthaus (heute Kreissparkasse) leuchtige die Zahl 600

In den Abendstunden erstrahlte pünktlich zum Fackelzug das alte Stadthaus am Markt in einer Illumination aus hunderten von Glühbirnen, die von der Jahreszahl „600“ bekrönt wurden.

Den Höhepunkt des Festes bildete zweifellos eine „Heimatschau der Kivelinge“, die im Hof und Park des früheren Drostenhauses an der Ecke Marienstraße-Lookenstraße ihren Schauplatz fand. Das dortige Anwesen mit einem großen Gartengelände gehörte seinerzeit der Familie Narjes und wurde 1945 bei den Straßenkämpfen um Lingen restlos zerstört.

Wache am Tor zu Narjes Park (Ecke Marienstraße/Lookenstraße)

Am Eingangstor erwartete eine kostümierte Stadtwache die Besucher, von denen viele aus dem Umland mit der Eisenbahn angereist waren. Im Hof traten Landsknechte und Spielleute in historischen Uniformen auf.

Alt-emsländische Kaminküche in Narjes Scheune

Narjes Scheune war als Ausstellungsgebäude eingerichtet. Hier gab es eine Kaminküche mit vielen alt-emsländischen Antiquiten.

„Offiziersstube“ in Narjes Scheune

Zu sehen waren außerdem ein Bürgerzimmer, eine Offiziersstube und eine Waffenkammer, alles detailgetreu mit alten Stücken eingerichtet.

„Gildenstube“ in Narjes Scheune

In einem Raum waren die Wände kunstvoll mit Szenen aus dem bekannten Lied von „Pastor seine Koh“ bemalt, das hier von Einheimischen und Gästen eifrig gesungen wurde.

Spielleute, Tanzpaare und die Spinnerinnen in Narjes Park

Im Garten traten ein mittelalterlicher Kivelingsthron, Chöre und Tanzgruppen auf, darunter auch eine Gruppe Spinnerinnen mit ihren Spinnrädern.

Schüler der katholischen Volksschule als Hollandgänger im Hof der Castellschule

Schüler der Castellschule waren als Hollandgänger verkleidet und erinnerten an die Geschichte der früheren Wanderarbeiter aus dem Emsland.

Schüler der evangelischen Volksschule (Postschule) mit ihrem Festwagen

Auch die Postschule beteiligte sich mit einem Mottowagen zur Lingener Geschichte, der von einem Schüler-Spielmannszug begleitet wurden.

Festwagen der Lingener Gärtner

Ein Festwagen der Gärtnerinnung war mit bunten Blütendekorationen und einer „Elfe“ geschmückt.

Tanzgruppe in Narjes Park

Viele der damaligen Ideen wurde Jahrzehnte später beim Stadtjubiläum 1975 wieder aufgegriffen. Damals ging es aber nicht um die Gründung, sondern die erste Erwähnung Lingens im Jahre 975. Und die wird auch 2025 wieder kräftig gefeiert.