AUSSTELLUNG: BILDER FÜR DIE EWIGKEIT – BRONZEKUNST DER 70er-JAHRE
Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in der Katholischen Kirche verloren süßliche Marienbilder, kitschige Öldrucke von Engeln und Gipsfiguren von Heiligen rasch an Popularität. An ihre Stelle traten Reliefs und Figuren, aus Bronze gegossen und in modernen Ausdrucksformen gestaltet.
Zur Langen Nacht der Lingener Kirchen (24. August, 19.30 bis 23.00 Uhr) zeigt das Emslandmuseum Bronzearbeiten des Bildhauers Josef Krautwald aus Rheine, des Lingener Künstlers Wilm Böing, Bronzeskulpturen der Plastikerin Maria Barlage aus Schepsdorf sowie weitere Werke von Josef Baron aus Unna und Friedrich Hartmann aus Bentheim.
Die Ausstellung kuratiert hat Bernd Oevermann vom Emslandmuseum und auch der neue Museumsleiter Dr. Christof Spannhoff wird an diesem Abend anwesend sein.
WILM BÖING (geboren 1919 in Stadtlohn, gestorben 1981 in Thuine)
In seiner Heimatstadt Stadtlohn absolvierte Böing nach seiner Schulzeit eine Bildhauerlehre bei dem Bildhauermeister Bernd Steggemann. Mit Beendigung der Militärzeit führte er nach dem Zweiten Weltkrieg seine Studienzeit an der Kunstschule Nienborg-Heek und der Werkkunstschule in Münster fort.
1961 zog Wilm Böing mit seiner Familie nach Lingen in die Baccumer Strasse. Im Garten hinter seiner Wohnung richtete er eine kleine Werkstatt ein, bis er 1970 in ein eigenes Haus mit größerem Atelier nach Ramsel übersiedelte. Ein enger Kontakt bestand zu dem Kunsthändler Hermann Blanke und dem Architekten Bernd Botterschulte.
In der Zusammenarbeit mit Bernd Botterschulte, der viele Sakralbauten in der Region plante und ausführte, insbesondere für die Ordensgemeinschaft der Franziskanerinnen in Thuine, entstanden durch Böing zahlreiche künstlerische Arbeiten. Böing hat, einem Trend der 70er und 80er-Jahre folgend, viele Bronzereliefs mit religiösen Motiven angefertigt.
JOSEF KRAUTWALD (geboren 1914 in Borkendorf/Schlesien, gestorben 2003 in Rheine)
Eine Lehre als Steinmetz begann Krautwald mit 14 Jahren beim Unternehmen Thust in Groß Kunzendorf. Dank seines künstlerischen Talents wandelte sich seines Berufsbild zu einer Bildhauerlehre.
Nach dem Abschluß wechselte er zunächst zur Schule von Cirillo Dell’Antonio und dann in die Bildhauerklasse von Josef Thorak an der Akademie der Bildenden Künste in München. Die Ausbildung beendete er 1939 bei Karl Albiker in Dresden ab.
Joseph Krautwald kam nach dem Zweiten Weltkrieg 1949 nach Rheine ins Münsterland, wo er 1951 sein Atelier einrichtete und bis zu seinem Tode 2003 künstlerisch tätig war.
In seinen Arbeiten nahm die sakrale Kunst den breitesten Raum ein. Er gestaltete Kirchen, Kapellen und Grabsteine in ganz Deutschland, vor allem im Bistum Münster und im nordwestdeutschen Raum.
Seine Kleinbronzen fanden als Kommunion- und Firmandenken sowie als Geschenke zur Hochzeit weite Verbreitung.
MARIA BARLAGE (geboren 1922, gestorben 2014)
Maria Barlage wohnte im Lingener Ortsteil Schepsdorf und hat als Künstlerin an der Gestaltung verschiedener Bauwerke und Denkmäler im Raum Lingen mitgewirkt. 1987 schuf die Künstlerin an den Aussichtskanzeln der neuen Emsbücke bei Wachendorf zwei Bronzewappen. Die Tafel der „Grafschaft Lingen“ auf der Altenlingener Seite zeigt ein blaues Wappenschild mit goldenem Anker. Die Tafel „Fürstentum Münster“ auf der Wachendorfer Seite zeigt ein goldenes Wappenschild mit rotem Balken und Insignien des Fürstbischofs. Für den 1989 eingeweihten Dorfbrunnen in Schepsdorf gestaltete Maria Barlage 24 Bronzereliefs mit Szenen aus der Geschichte des Ortes. 2002 entwarf und gestaltete sie die Ein- und Ausgangsschilder an den Pylonen der neu gestalteten Brückenbastionen der Schepsdorfer Emsbrücke.
Zwei Bronzearbeiten von Maria Barlage werden bei der Langen Nacht der Lingener Kirchen präsentiert. Das „junge Mädchen mit Schmetterling“ symbolisiert die Jugend und die Seele, denn das altgriechische Wort für Schmetterling lautet Psyche. Es bedeutet nach Platon und anderen griechischen Philosophen das innere geistige Leben des Menschen, die Seele. Ein großes Bronzerelief zeigt die vier Jahreszeiten als Abschnitte des Lebens und kombiniert diesen Bild mit dem bekannten Motiv der Lebensstufen des Menschen.
JOSEF BARON (geboren 1920 in Oberschlesien, gestorben am 2020 in Unna)
Nach seiner Militärzeit im Zweiten Weltkrieg studierte er zunächst in Flensburg Innenarchitektur, Kunstgeschichte und Holzbildhauerei, wechselte dann an die Kunstakademie Düsseldorf und wurde Schüler von Ewald Matarè. Gemeinsam mit Ernst Oldenburg, Carlernst Kürten und Wilhelm Buschulte bildete Baron das Künstlerquartett: OKBB in Unna.
Seine Ausgestaltung der Wallfahrtsbasilika Mariä Heimsuchung in Werl brachte den künstlerischen Durchbruch. Zahlreiche Arbeiten für Sakralbauten im In- und Ausland, wie der Kreuzgang im Hildesheimer Dom, Werke in St. Marien in Herne, St. Pius in Münster, St. Michael in Emden sowie Arbeiten in Caracas (Venezuela), Beirut (Libanon) oder Kairo (Ägypten). Im Emsland lieferte er Ausstattungsstücke für den modern gestalteten Kirchenneubau in Lohne.
FRIEDRICH HARTMANN (geboren 1912 in Siegen, gestorben 2000 in Gildehaus)
Hartmann wuchs in Mülheim/Ruhr auf, wo er nach seinem Abitur an der Kunstakademie in Düsseldorf Architektur und Malerei studierte. Nachdem er einige Jahre als Dozent an der Folkwangschule in Essen tätig war, führten ihn private Kontakte in die Grafschaft Bentheim, wo er sich 1948 in Gildehaus niederließ. Neben der Malerei schuf er eine Reihe von Mosaikarbeiten und machte sich als Restaurator religiöser Kunst und Kirchenmaler einen Namen. Zu seinen Werken gehören unter anderem die Fensterreihen in der Kapelle des früheren Marienkrankenhauses in Nordhorn, Malereien in der Friedhofskapelle in Gildehaus oder ein großes Triptychon in der lutherischen Christopheruskirche in Gildehaus.
Weit verbreitet ist Hartmanns kleine Nachbildung des „Herrgott von Bentheim“ in Bronze. Vorlage ist ein romanisches Steinkreuz auf der Burg Bentheim, das geradzu ein Symbol für die Grafschaft Bentheim bildet.
Texte: Bernd Oevermann