Wer feiert 2022 alles ein Jubiläum?
Wir beginnen die Fortsetzung unserer Fotoserie am Jahresanfang mit einem Ausblick auf wichtige Jubiläen und Jahresfeiern, die 2022 anstehen. Denn namhafte Vereine, Baudenkmäler und Erinnerungsdaten feiern im neuen Jahr einen runden Geburtstag.
Auf unglaubliche 650 Vereinsjahre können 2022 die Lingener Kivelinge zurückblicken. Kein Wunder, dass ihr Fest, der „Bürgersöhne-Aufzug“, bereits in die Liste des Immateriellen Kulturerbes in Deutschland aufgenommen wurde. Damit gehört dieses geschichtsträchtige Volksfest zum Welterbe der UNESCO. Bis 1372 reicht die Tradition der Kivelinge mit ihrem Bürgersöhne-Aufzug zurück und auch in früheren Jahrhunderten wurden die entsprechenden Jubiläen schon tüchtig gefeiert.
Vor hundert Jahren, 1922, ließen die wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem Ersten Weltkrieg kaum Feststimmung aufkommen. Viele Bürgersöhne waren damals froh, dass sie dem Massensterben im Ersten Weltkrieg entronnen waren. Äußerlich hatte das Fest daher nur einen bescheidenen Rahmen, was der guten Stimmung jedoch keinen Abbruch tat.
1972 organisierten die Kivelinge zu ihrem 600jährigen Bestehen übrigens zum ersten Mal einen historischen Markt und einen Festumzug. Ende März 2022 werden die Kivelinge mit einem Festakt ihr großes Jubiläum begehen und zu Pfingsten gibt es dann ein Volksfest.
1522, vor genau 500 Jahren, wurde die alte Wettruper Kapelle errichtet, an deren Stelle 1932 die heutige Pfarrkirche trat. Vom Vorgängerbau existieren noch einige alte Fotos.
Erhalten blieb von diesem bescheidenen Gotteshaus aber lediglich der alte Türsturz aus Sandstein. Er steht heute als Pfeiler vor der Wettruper Kirche und zeigt auf der Rückseite die Jahreszahl 1522.
Auf der Vorderseite erinnert eine Inschrift an das Pflanzen der Wettruper Pius-Eiche zum 30jährigen Papstjubiläum des Pontifex Pius des Neunten 1876.
Aus viel jüngerer Zeit stammt ein bekanntes Baudenkmal der Lingener Innenstadt: das Lokal „Hutmachers Deele“ in der Großen Straße mit seiner schmucken Fachwerkfassade. 1772 wurde das Haus errichtet, doch sah das Gebäude damals noch ganz anders aus als heute. Alte Fotos zeigen es als eingeschossiges Fachwerkhaus mit den typischen Vorkragungen des Giebels.
Anfang des 20. Jahrhunderts erwarb die Familie Hutmacher das Gebäude und ließ es um eine obere Etage aufstocken. Im Erdgeschoss erfolgte ein Ladeneinbau für eine Schlachterei. Nach ein paar Jahren gab Hutmacher die Schlachterei jedoch auf und verlegte sich auf den Viehhandelt. Das Ladenlokal vermietete er an die Firma Elektro Schwämmlein.
Der zunächst recht schlichte Fachwerkgiebel wurde 1948 durch den aus Salzbergen stammenden Holzbildhauer Erich Ricken verschönert. Die damalige Frau Hutmacher war seine Schwester. Von Rickens Hand stammen auch die Inschriften auf den Balken.
Sie nennen die Baudaten des Hauses und bekannte Sinnsprüche, darunter auch den bekannten plattdeutschen Kneipenspruch: Etten und Drinken holt Lief un Seele tohaupe, bäter äs iserne Bände – Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen, besser als eiserne Ringe.
Und noch ein weiteres markantes Gebäude in Lingen feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag: Die Villa auf dem Böhmerhof. Sie liegt etwas versteckt in einem Waldstück im Winkel zwischen dem Willi Brandt-Ring und dem Gelände der Stadtwerke an der Waldstraße. Das gesamte Areal ist Privatbesitz der Familie Böhmer.
Ursprünglich zeigte das Haus Böhmer die übliche Bauweise der emsländischen Bauernhäuser, eine langgestreckte Bauform mit Wohnteil und Dielenende unter einem gemeinsamen Dachwerk. Hausinschriften von 1600 und 1655 ließen das enorme Alter dieses Fachwerkgebäudes erkennen.
Schon Anfang des 20. Jahrhunderts hatte man den Wohnteil mit einem zweistöckigen Anbau stilvoll erweitert. Hier wohnte man im Stil einer städtischen Villa und besonders dekorativ war der auf ganze Breite vorspringende Balken in der ersten Etage mit seiner eleganten Ballustrade.
Die prächtig ausgestatteten Innenräume enthielten eine beachtliche Antiquitätensammlung. Sie umfasste alleine 300 Zinnteller, die einmal in Jahr drei Tage lang von den Frauen der Heuerleute des Böhmerhofes auf Hochglanz poliert wurden.
1921 brannte der alte Böhmerhof nieder und dabei wurde auch der größte Teil der Sammlung vernichtet. Böhmer hatten ihr Haus bereits vor dem Ersten Weltkrieg mit einer privaten Stromversorgung ausgestattet und bald machte in Lingen das Gerücht die Runde, der Brand sein durch einen Kurzschluss entstanden.
Ein Jahr später entstand dann 1922 ein Neubau im Stil einer Villa nach Plänen des Lingener Architekten Hans Lühn. Der Böhmerhof gehörte zu diesem Zeitpunkt noch zur Gemeinde Laxten. Erst 1950 erfolgte die Umgemeindung zur Stadt Lingen.