Pastor Meier und das alte Kirchspiel Lengerich

Häuser und Höfe einer alten Gemeinde im Emsland

Nach der Musterung auf der Dorfstraße in Lengerich, um 1935

Hermann Meier (1875-1968) war von 1908 bis 1947 Pastor der evangelischen Kirchengemeinde in Lengerich. Daneben betätigte er sich als engagierter Heimatforscher für den Bereich des alten Kirchspiels Lengerich. Dieses Dorf und seine Bauerschaften stehen im Mittelpunkt der 80. Folge der Serie „Achtung, Aufnahme!“.

Pastor Meier (stehend) an der Fundstelle des Goldschatzes von Lengerich

Lengerich nannte man früher, zur Unterscheidung des gleichnamigen Ortes in Westfalen, Lengerich auf der Wallage oder Lengerich in Hannover. Hier untersuchte Meier nicht nur den alten Adelssitz und das umliegende Dorf, sondern auch die alte Bauerschaft Lengerich, die sich 1960 mit dem Dorf zu einer Gemeinde zusammenschlossen. Diese wurde dann später Sitz der heutigen Samtgemeinde Lengerich.

Pause bei der Kornernte in Lengerich, um 1935

Pastor Meier schrieb hauptsächlich die Geschichte der Häuser im Dorf und der Bauernhöfe mit ihren Besitzerfamilien. Auch die Kirchenbauten und die Bauweise der Bauernhäuser gehörten zu seinen Forschungsfeldern.

Er erfasste die Dokumente aus vielen Hofarchiven, studierte die Urkunden im Staatsarchiv Osnabrück und die alten Akten im Archiv des Drosten Vischering in Darfeld, der auch Besitzer des alten Adelsgutes in Lengerich war.

Das Osnabrücker Archiv wurde im Zweiten Weltkrieg wegen der drohenden Luftangriffe auf die Stadt an verschiedene Standorte ausgelagert. Einer der Lagerorte war der Dachboden des Gasthofes Erdmann in Lengerich – nur wenige Schritte vom dortigen Pfarrhaus entfernt. Nun konnte Pastor Meier die Originalquellen aus erster Hand studieren, denn als ehrenamtlichem Kreisarchivpfleger oblag ihm nun auch die Betreuung der dort eingelagert Akten und Urkunden.

Bei der Erforschung der Bauernhäuser interessierte den Theologen neben der allgemeinen Bauweise des Fachwerks auch der Wohnsituation in den alten Häusern vor allem auch die Dekoration der Giebel mit Symbolen und den zumeist religiösen Inschriften. Sein besonderes Augenmerk galt daneben der alten „Kirchenburg“ in Lengerich, dem früher mit einer Wehrmauer befestigten Kirchhof rings um die Reformierte Kirche.

Die alte Molkerei in Wettrup, um 1910

Dass in den mittlerweile selbständigen Gemeinden des alten Kirchspiels in Langen, Gersten, Handrup und Wettrup nur wenige evangelische Familien lebten hielt den reformierten Geistlichen nicht von der Erforschung der dortigen Siedlungs- und Höfegeschichten ab. Dies brachte ihm auch bei der katholischen Bevölkerungsmehrheit viel Anerkennung und so trug er wesentlich zur Verbesserung im Verhältnis der Konfessionen in Lengerich bei.

Einweihung des Kriegerehrenmals auf dem Friedhof in Wettrup, 1921

Mehrfach hielt Meier Bildervorträge zur Geschichte Lengerichs. Leider konnten wegen der schwierigen Zeitumstände nur wenige seiner Forschungen veröffentlicht werden. Die meisten Hofgeschichten wurden nur in sehr geringer Auflage mit Durchschlagpapier auf einer Schreibmaschine vervielfältigt. Und als im Krieg selbst dafür das Papier knapp wurde, notierte und kopierte er seine Beiträge auf die Rückseiten von amtlichen Rundschreiben.

Die Familie Passe in Wettrup, um 1870

In Wettrup erkannte Meier die Entstehung der mittelalterlichen Bauerschaft rings um einen alten Schultenhof. Der Deichwall markierte dort einst die Grenze zum Osnabrücker Land und schon 1522 wurde hier eine Kapelle errichtet.

Die Familie Töppe-Hunfeld vor ihrem Bauernhof in Handrup
Der alte Hof Oermann in Handrup
Eifriege Schüler des Internats am Kloster Handrup

In Handrup untersuchte er neben der Struktur der alten Bauerschaften Handrup und Hestrup auch die Erweiterung des Ortes in Richtung Penninghusen und Hundehövel.

Aus einer mittelalterlichen Hofteilung in der Hof Bregenmeiners in Gersten hervor
Die Familie Bregenmeiners vor dem schmucken Fachwerkgiebel ihres Hauses

Reihensiedlungen entlang flacher Höhenzüge beobachtete Pastor Meier in Unter- und Obergersten, wo später auch die Kirche und das heute Dorf entstanden. Hinzu kam dort die Bauerschaft Drope als alter Siedlungskern.

Der Schultenhof in Langen ging aus einem alten Adelssitz hervor
Die Bauernfamilie Gerling in Langen, um 1900
Viel Arbeit auf dem Hof Susse in Langen-Espel

Langen entstand aus einer ganzen Reihe von Bauerschaften: Ruten und Espel, Rentrup und Nordholte sowie Langen selber mit dem früheren Schultenhof und dem Rittersitz Grumsmühlen, der aus einer alten Wassermühle hervorging. Erst mit dem Bau der Kirche entstand hier zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Dorfkern im Mittelpunkt der weitläufigen Gemeinde.