Mit Dampfpflügen gegen Moor und Heide
Schon vor gut 150 Jahren wurden im nördlichen Emsland auf den Gütern des Herzogs von Arenberg Dampfpflüge zur Kultivierung des Heidebodens eingesetzt. Doch die große Zeit diese Dampfmaschinen auf vier Rädern waren die 50er-Jahre, als im Rahmen des Emslandplans die großen Moorgebiete abgetorf und in landwirtschaftliche Flächen umgewandelt wurden.
Seit dem Mittelalter wurde im Emsland in großen Mengen Torf als Heizmaterial abgebaut. Die abgetorften Flächen konnten dann landwirtschaftlich genutzt werden, aber dafür musste man den Untergrund umgraben. Bis ins 19. Jahrhundert geschah dies in Handarbeit mit dem Spaten.
Auch die großen Heideflächen mussten einmal tief umgepflügt werden, bevor man sie zu Grünland oder Ackerland kultivieren konnte, denn oft befand sich im Untergrund eine feste Schicht aus Mineralien und Raseneisensteinen. Sie zu durchbrechen war in Handarbeit kaum möglich.
Kurz nach 1830 wurden in England Pflüge konstruiert, die von einer Dampfmaschine mit einem Zugseil angetrieben wurden. Doch der technische Durchbruch gelang erst dreißig Jahre später, als der Engländer John Fowler auf die Idee kam, den Pflug von zwei Lokomobilen, also fahrbaren Dampfmaschinen, hin- und herziehen zu lassen. Diese schweren und teuren Maschinen wurden vorzugsweise zur Bodenkultivierung eingesetzt.
Die Preise für diese aufwendigen Maschinen waren so hoch, dass sie zunächst nur auf den großen Gütern, vorzugsweise in Ostdeutschland, eingesetzt wurden. Kein emsländischer Bauer konnte sich zwei Lokomobile und eine Großpflug leisten. Ab etwa 1870 setzte aber der Herzog von Arenberg auf seinen Gütern im Emsland Dampfpflüge der Marke Fowler ein, um große Heideflächen für die Aufforstung umzubrechen. Hierfür wurde ein spezieller Kipppflug entwickelt, der „Meppener Haide- und Forstpflug“. In den Jahren 1873 bis 1882 wurden damit rund 2250 Hektar Heideland bearbeitet. Bald kamen solche Pflüge auch in anderen Gegenden Norddeutschlands zum Einsatz.
Zu so einem Pflugsystem gehörten zwei Lokomobile mit Seiltrommeln und der Pflug, ferner ein Seilwagen und zwei Wasserwagen sowie Transportfahrzeuge für Torf und Kohlen, ein Mannschaftswagen und diverses Zubehör.
Das westfälische Dampfpflugunternehmen Ottomeyer begann 1860 als Lohndrescherei und nahm 1887 einen ersten Dampfflug in sein Programm auf. Damit wurde neben Ackerland auch Heide umgepflügt.
Als in der Zeit um 1900 die großen staatlichen Siedlungsprojekte auf Heide und Moor entstanden, begann der Aufstieg der Firma Ottomeyer. Bald wurden dort weitere Pflüge und Lokomobile angeschafft, die zum Beispiel 1914 auf dem Gut Klausheide bei Nordhorn die Heide bearbeiteten.
Wegen des Arbeitskräftemangels in der Landwirtschaft während des Ersten Weltkriegs wurden die Pflüge hauptsächlich im Ackerbau eingesetzt, doch nach Kriegsende ging die Ödlandkultivierung weiter. Die Nationalsozialisten stellten ab 1933 die Kultivierung der Moore wieder auf Handarbeit mit dem Spaten durch den Reichsarbeitsdienst um, was wenig effektiv war. Ottomeyer arbeitete unterdessen weiter an der Entwicklung eines Großpfluges für die gewaltigen Moorflächen im Emsland.
Mit der Verabschiedung des „Emslandplans“ durch den Bundestag begann 1950 die systematische Kultivierung der Emslandmoore und damit auch der größte Auftrag in der Geschichte der Firma Ottomeyer. Bis zu 17 Lokpaare kamen in den 50er-Jahren im Emsland zum Einsatz.
Die beiden größen Pflüge mit den Namen „Mammut“ und „Oldenburg“ hatten einen Tiefgang von fast zwei Metern.
Über 10.000 Hektar Ödland wurden im Emsland bis 1976 größtenteils mit Ottomeyer-Pflügen kultiviert. Naturschutz und Moorerhaltung spielten damals noch keinerlei Rolle. Es galt der Grundsatz: „Ödland ist Luxus“.
Bis 1972 wurden dafür Lokomobile mit Dampfmaschinen eingesetzt, danach kamen nur noch Raupenpflüge zum Einsatz.