Großes Kirchspiel mit viel Durst
Das Kirchspiel Emsbüren ist riesig und reicht von Engden bis Moorlage und von Neumehringen bis in die Elberger Schlipse. Dass bei Kirchwegen von bis zu einer Stunde zu Fuß der Durst ….
groß war, kann man nachvollziehen. Und so stießen Michael Merscher und Andreas Eiynck auf eine sagenhafte Kneipendichte, als sie sich gemeinsam mit dem emsbürener Urgestein Hubert Hölscher auf eine Spurensuche der örtlichen Gastronomie begaben. Hölscher kann sich als Spross einer alteigesessenen Wirtefamilie noch gut daran erinnern, dass die zahlreichen Gaststätten die Treffpunkte des Dorfes waren. Ein dazu passender Wirtshausspruch über dem Stammtisch in Hölschers Gaststube lautete: „Trink, wenn Du traurig bist, das Leid zu vergessen. Trink, wenn Du fröhlich bist, das Glück zu ermessen.“ Was will man angesichts so geballter Weisheit anderes sagen als: Prost!
Es gibt tatsächlich nur wenige Häuser im alten Ortskern von Emsbüren, die nicht irgendwann einmal über einen Ausschank verfügten. Sie können hier nicht alle genannt werden. Wir beschränken uns daher auf die wichtigsten und originellsten.
Schon im Mittelalter kaufte der Fürstbischof von Münster bei seinen Reisen ins Emsland das Bier für sein Gefolge beim Wirt Mencke in Emsbüren ein. Dies ist der älteste überlieferte Gasthof im Emsland und sein Standort mitten im Dorf lässt sich über viele Jahrhunderte bis zur früheren Gaststätte Hölscher, zuletzt Westermann, nachverfolgen. Im 18. Jahrhundert trug das Gasthaus als eine der drei „Schildwirtschaften“ des Ortes den Namen „Zum vergüldten Stern“. Derzeit befindet sich hier eine Künstlergalerie und im hinteren Teil am Uphok die Gaststätte „Herzog-Deele“.
Schräg gegenüber, an der Stelle des heutigen Lokals „Malör“, stand das „Stoverhues“, in dem seit 1576 ein Ausschank belegt ist. 1765 trug das Gasthaus den Namen „Im Rothen Hirsch“. Durch Heirat, Erbschaft und Kauf gelangte das Haus an die Familien van Lengerich, Nadorff und Hungeling sowie schließlich wieder an van Lengerich. Bei einem Umbau im Jahr 2010 kam die uralte Kaminwand zum Vorschein, an der die Gäste einst gemütlich im Schankraum am offenen Herdfeuer saßen.
Ein dritter alter Gasthof mit dem Namen „In der Krone“ befand sich nur wenige Schritte weiter am Uphok. Schon im Dreißigjährigen Krieg betrieb der Stammvater der Emsbürener Familie Kuipers dort eine Brauerei, die 1746 durch Einheirat an die Familie Danckelmann kam. Dieses Gasthaus ging aber schon vor über hundert Jahren ein.
Bereits im 17. Jahrhundert gab es in Emsbüren noch weitere Gaststätten mit eigener Brauerei. An der Stelle der späteren Gaststätte Kamphues, heute Rest, befand sich 1619 die Brauerei Hesse und später über zwei Jahrhunderte die Schenkwirtschaft der Familie Plagge.
Das frühere Hotel Möller hatte als Vorgänger im 17. Jahrhundert die Brauerei Kuipers mit einem Ausschank – nicht zu verwechseln mit der späteren Brennerei Kuipers. 1875 ging das Lokal an den Wirt Lietmeyer über und kam dann an die Familie von Graes-Möller. Es führte gut hundert Jahre den Namen „Hotel Möller“. Sonntags war hier Tanz und Hubert Hölscher erinnert sich: „Das Hotel Möller war das größte Heiratsinstitut im Emsland!“
Wer abends nicht pünktlich um 20 Uhr am Einlass war, fand keinen Platz mehr. Montags trafen sich hier die „Montagsmaler“ zum Stammtisch. Dieser galt als wichtigste Nachrichtenbörse des Dorfes. Das traditionsreiche Gasthaus wurde vor einigen Jahren abgebrochen.
Ebenfalls um 1875 gründete Jakob Hettermann im früheren Altenteilerhaus des emsbürener Richthofes unmittelbar nördlich der Kirche eine Gastwirtschaft mit einem Kramladen. Beliebt war hier die überdachte Holzkegelbahn im früheren Richters Garten mitten im Dorf.
Weitere Gasthöfe kamen im Laufe der Zeit hinzu und so gab es zwischen dem Hotel Evering am südlichen Ausgang des Dorfes und der Grenze zu Leschede an der Bahnhofstraße schließlich insgesamt 14 Kneipen, so viele, wie ein Kreuzweg Stationen hat.
Zum Kneipenbummel traf man sich im Zentrum des Dorfes an der Kreuzstraße und ging dann erst zu Plagge, genannt Ackermann, um dann den Weg etwa hundert Meter fortzusetzten bis Nadorff, heute Bäckerei Sabel. 50 Meter weiter stand schon der Gasthof Egbring, genannt Witten. Von hier aus führte ein kleiner Schwenk über den Kirchplatz zum Ausschank beim Schmied „Ploch Bernd“ van Lengerich. Die nächsten 50 Meter zur Brennerei Kuipers waren noch gut zu schaffen. Dann ging es am Dalhok steil bergauf. Dafür waren es bis zur Gaststube bei Backebernds van Lengerich aber auch nur etwa zehn Meter. Nach weiteren zehn Metern stand man bereits bei Sabel vor der Theke. Von hier aus galt es, die Straße zu überqueren, und schon war man im Gasthaus Nadorff-Hungeling (heute Malör). Schräg über die Straßenkreuzung ging es nun zur Wirtschaft Hölscher (Pächter: Fangmeyer, Öhm Wilm, Westermann), heute bekannt als „Herzogdeele“ mit den Inhabern Monika und Hermann Helming. Nur ein paar Meter weiter lockte die Gaststätte Kamphues (heute Emsländischer Hof) und zwei Häuser darauf erreichte man die Wirtschaft Franz Hölscher. Bald folgten die Gaststätte Barkling und das Hotel Möller.
Die 14. und somit letzte Station des beschwerlichen Weges war dann das Hotel Evering. Hier konnte man zum Abschluss noch ein Germania-Pils genießen – alle anderen Gaststätten des Dorfes hatten damals Rolinck-Bier am Zapfhahn. Und sah man wieder einmal fröhlichen Zecher, die diese Strapazen auf sich nahmen, dann hieß es:„Nu bett’t se wehr den Krüsweg“ (nun beten sie wieder den Kreuzweg!). Man war also nicht nur fromm im alten Büren, es wurde auch richtig gelitten!