Kulüke – Haus und Hof in Freren

Aus der Geschichte eines emsländischen Bauernhofes

Sanierung des Hauses Kulüke in Freren im Sommer 2020

Ein markantes Baudenkmal in Freren wird derzeit restauriert: das alte Bauernhaus Kulüke an der Bahnhofstraße. Mit seinen hohen Wänden …

Sanierungsarbeiten am Haus Kulüke, Sommer 2020

aus naturbelassenem Bruchstein markiert es den Übergang von der Bahnhofstraße zum „Uphusen-Eck“, dem alten Versammlungsplatz der Bauerschaft Uphusen. Derzeit wird in dem früheren Wohn- und Wirtschaftsgebäude ein Ausbildungszentrum der DEULA eingerichtet, die das Anwesen bereits 1996 erwerben konnte.

Nobert Schiff aus Freren hat 1997 in einer umfangreichen Studie die Geschichte von Haus, Hof und Familie Kulüke umfassend erforscht und seine Ergebnisse dem Emslandmuseum Lingen zur Verfügung gestellt. Sie bilden die Grundlage dieser Darstellung.

Eine Urkunde über den Kauf eines Grundstücks durch die Familie Kulüke von 1673

Seit der Zeit um 1600 ist die Familie Kulüke in Freren nachweisbar, auch wenn die Schreibweise des Namens vielfach variierte. Mit einer Kuh hat dieser Name übrigens nichts zu tun – er geht zurück auf den Vornamen Lukas (= Lüke oder Luicke) und den Familiennamen Kuhl. In der Tat wird der Hof in einer erhaltenen Urkunde von 1673 als „Lucas Kuhl zu Freren“ bezeichnet. Später setzte sich dann die Namensform Kulüke durch.

Das kleine Anwesen gehörte zur Bauerschaft Uphusen, die später im Stadtgebiet von Freren aufging. Es war ein kleiner Hof, ein sogenanntes Viertelerbe, welches der Grundherrschaft des Lingener Landesherrn unterstand. Schon im 17. Jahrhundert ist Kulüke auch als „Löper“, als laufender Bauerschaftsbote, belegt. 1816 heißt es, für die Frerener Bauerschaften seien „von undenklichen Zeiten wie noch anjetzt besondere Besteller angeordnet, nämlich Kuhluike zu Uphusen“. Der Hofbesitzer Johann Bernhard Kulüke (1806-1873) genoss in Freren offenbar einiges Ansehen, denn er gehörte 1844 dem Kirchenvorstand und 1863 auch dem Schulvorstand an.

Die Lage der Hofstelle Kulüke (Mitte) zwischen der heutigen „Stadtschänke“ (links) und dem Nachbarhof Berendsen (rechts) um 1880 (Katasterplan)

Die Hofstelle an der späteren Bahnhofstraße lag eingezwängt zwischen den Grundstücken der Nachbarn Bröker (heute Stadtschänke) und Berendsen (Bauernhof). Hier standen das Bauernhaus Kulüke und ein Nebenhaus, das je nach Bedarf als Altenteil genutzt oder als Heuerhaus verpachtet wurde. Später kam noch ein Schweinestall hinzu.

Das Haus Kulüke, erbaut 1884 (rechts im Bild der Göpel des Nachbarhofes Berendsen)

1884 brannte das alte Bauernhof Kulüke samt Inventar vollständig ab. Laut der Überlieferung in der Familie wurde damals „nur eine Zuckerzange“ gerettet. Sogleich wurde an gleicher Stelle ein Neubau in Angriff genommen. Anstelle eines klassischen emsländischen „Zweiständerhauses“ mit niedrigen Seitenwänden entstand ein stolzer Neubau mit hohen Seitenwänden für geräumige Zimmer mit hohen Fenstern im Wohnteil und großen Stallungen mit Mistluken im Wirtschaftsteil.

Die Bruchsteine für die Außenwände wurden der Überlieferung nach von Kulüke selber mit Pferd und Wagen aus den Steinbrüchen in Ibbenbüren und Üffeln angefahren. Sie wurden unbearbeitet in der Technik des sogenannten „Zyklopenmauerwerks“ vermauert, was den Bruchsteinwänden einen urtümlichen Charakter verleiht. Nur die Umrahmungen der Fenster und Türen wurden aus sauber zugerichteten Sandsteinen eingesetzt.

Bauholz war damals im Emsland knapp. Daher wurden die mächtigen Eichenstämme für die langen Deckenbalken von Nachbarn und Verwandten gestiftet. Die Namen dieser Bauern wurden seinerzeit in die Balken eingeschnitten und sind noch heute deutlich lesbar: „Colon Lüns Lünsfeld“, „Colon Hermes Suttrup“, „Colon Mertens Suttrup“, „Colon Kulüke“, „Colon Köning Ostwie“, „Colon Midden Andervenne“, „Colon Lambers Setlage“, „Schade Fürstenau“ und „Colon Fust Lohe“.

Das Haus hatte mehrere Bauherren. Eigentümerin des Hofes war damals die Witwe Gesina Maria Kulüke, geborene Wessmann aus Baccum, die 1839 Johann Bernhard Kulüke geheiratet hatte. Ihr Mann war 1873 gestorben und den Hof bewirtschaftete ihr ältester Sohn, Bernhard Heinrich Kulüke, der 1876 Anna Maria Wilhelmine Uphus aus Alfhausen geheiratet hatte. Außerdem lebte auf dem Hof noch die unverheiratete Tochter Karoline Kulüke.

Die drei Herdsteine an der offenen Feuerstelle in der alten Küche nannten alle diese Personen als Bauherren. Auf der mittleren Steintafel stand: „G. Kulüke W. (= Witwe) geb. Wessmann – K. Kulüke“ und auf den beiden seitlichen Tafeln liest man „H. Kulüke“ „W. Kulüke geb. Uphus“. Während die beiden seitlich Steine noch immer am originalen Standort in der alten Küche erhalten sind, wurde die mittlere Steinplatte 1977 ausgebaut und ist heute nicht mehr auffindbar.

Auf dem Schlussstein über dem Dielentor befindet sich eine weitere Inschrift mit den Initialen „HK“ (= Heinrich Kulüke) und „MGK“ (= Mutter Gesine Kulüke) sowie der Jahreszahl „1886“.

Durch das Dielentor betrat man die geräumige Diele mit den Pferdeställen auf der linken und den Kuhställen auf der rechten Seite. Neuartig waren damals die Mistluken in den Seitenwänden, durch die man den Stallmist direkt nach draußen befördern konnte. Über den Stallungen befanden sich als Zwischengeschoss die „Hillen“ zur Lagerung von Erntegut.

Im Wohnteil befand sich eine große Küche, die quer durch das Haus ging. In ihrem Mittelpunkt lag unter einem Rauchfang (Bousen) ein offenes Herdfeuer und mit einer Herdwand an der Rückseite. Vor dieser Brandwand stand eine Herdbank ohne Rückenlehne und später war unter dem Rauchfang ein großer „Stangenherd“ (eine Kochmaschine) aufgestellt.

Hinter der Herdwand lag erhöht über einem niedrigen Keller die Upkammer, rechts und links davon befanden sich Kammern und Wohnstuben. Neben der Waschküche lag ein „Durk“, ein großes Schrankbett mit Türen zur Wohnküche und zur Diele.

Später, in der Zeit nach 1900, wurde hinter dem Bauernhaus ein separater Schweinestall mit gusseisernen Sprossenfenstern errichtet. Für die damalige Zeit war die Stalleinrichtung mit Mittelgang und Boxen schon recht fortschrittlich.

Familie Kulüke um 1920

Erst 1894 überschrieb die alte Witwe Kulüke geb. Wessmann den Hof ihrem Sohn Bernhard Heinrich, mittlerweile 51 Jahre alt, der ihn kurz vor dem Ersten Weltkrieg an seinen Sohn Johann Bernhard übergab. Dieser war mit Maria Elisabeth Stoffergoes aus Alfhausen verheiratet. Der junge Familienvater starb als Soldat im Ersten Weltkrieg am 7. Dezember 1914 in Frankreich. Er hinterließ eine Witwe mit zwei kleinen Töchtern. Der alte Vater, der bereits in das Altenteilerhaus gezogen war, und die junge Witwe waren nicht in der Lage, den Hof weiter zu führen.

Sie vergaben den Hof an die Pächter Reisinger (1915-1925), Wilmerding aus Ankum (1926-1932) und Diekhoff aus Schwagsdorf (1932-1953). Die Witwe Kulüke lebte mit ihren beiden Kindern zunächst in drei kleinen Zimmern auf der Straßenseite des Hauses und zog 1917 in die Kaiserstraße in Freren. 1921 heiratete sie den Lehrer Friedrich van Basum aus Ankum und folgte ihrem Mann zu seinen Lehrerstellen in Merzen, Nordholte und Steide.

Die ältere Tochter Karoline Wilhelmine Kulüke wurde Hauswirtschaftslehrerin und heiratete 1949 den Bauern Johann Meyer aus Dörpen. Als der Mann erkrankte, zogen sie in das Haus Kulüke in Freren. Die dortige Pächtfamilie Diekhoff wechselte 1953 im Gegenzug auf den Hof Meyer in Dörpen. Die Landwirtschaft in Freren wurde parzellenweise verpachtet. Frau Meyer, geb. Kulüke, arbeitete als Hauswirtschaftslehrerin. Nach dem Tod ihres Mannes (1968) und ihrer Pensionierung (1977) zog sie mit ihren Kindern nach Lingen. Beim Auszug nahm die Familie die Fliesen von der alten Herdwand, die schmiedeeisernen Herdgeräte und weitere Antiquitäten mit.

Haus Kulüke um Winter 1970 (Dia Dr. Hans Helmich, Schapen)

Zwei Jahre stand das Haus in Freren leer, bevor es 1979 mit dem dahinter liegenden Gelände und dem benachbarten Altenteilerhaus an die Familie Imming verkauft wurde. Imming richteten dort eine kleine Landwirtschaft für den Eigenbedarf mit Hühnern, Gänsen, Schafen und ein paar Rindern ein. Der Wohnteil des Hauses, bis dahin noch weitgehend im Zustand von 1886, wurde umgebaut. Dabei wurde die Alte Herdstelle mit dem Rauchfang entfernt, die Inschriftsteine veschwanden hinter einem neuen Schornstein.

1983 brannte das Altenteilhaus ab. An seiner Stelle wurde ein Einfamilienhaus errichtet, das Imming 1994 an Surmann aus Suttrup verkauften.

1986 pachteten Imming einen Betrieb in Messingen, nutzen das Haus Kulüke aber weiterhin als Rinder- und Schweinestall. Dazu wurde der Wirtschaftsteil des Hauses umgebaut. Eine Güllegrube und Betonböden wurden eingezogen. Zehn Jahre später erwarben Imming einen Hof in Dobbekau in Sachsen-Anhalt und verkauften das Anwesen Kulüke in Freren 1996 an die Deula. In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Architektur der Universität Hannover lobte die Deule einen studentischen Ideenwettbewerb für die Umnutzung des Hauses aus. Doch angesichts der Kosten konnten die zahlreichen eingereichten Entwürfe zunächst nicht umgesetzt werden.

Haus Külüke 2015

Im damaligen Zustand war das Haus als Wohnung und auch für landwirtschaftliche Zwecke nicht mehr nutzbar. Zeitweise diente es als Antiquitätengeschäft und als Ausstellungsraum für Gartenmöbel („Antik und Teak“). Fast 25 Jahre sollten noch ins Land gehen, bevor dann 2020 die umfassende Renovierung und Einrichtung als Schulungszentrum für die DEULA erfolgte.

Bei der Sanierung zeigte sich, dass das Ständerwerk aus Eichenholz noch vergleichsweise gut erhalten war. Sogar ein Teil der originalen Deckenbeläge aus dicken Eichenbrettern konnte erhalten bleiben. Schlimm waren hingegen die Schäden an den Sandsteinen der Außenwände, insbesondere an den Rahmungen um die Fenster und Türen. Sie wurden im 19. Jahrhundert aus einem weichem Stein hergestellt, der zudem leicht Feuchtigkeit aufnimmt. So entstanden Korrosionsschäden an den Eisendübeln, mit denen diese Elemente zusammengefügt waren. Durch den Rost wurden viele Steine bis in den Kern aufgesprengt. Hinzu kamen Auswaschungen durch „sauren Regen“ und Salpeter, in insbesondere im früheren Stallbereich. So waren zu Erhaltung des Hauses umfangreiche Sandsteinarbeiten erforderlich.

Mit der Sanierung bleibt nicht nur ein ortstypisches Bauernhaus dauerhaft erhalten, sondern aufgrund der zukünftigen Nutzung durch die Deula steht das Gebäude im Rahmen von Schulungen und Tagungen auch der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung.

Ein Glücksfalls für Freren und das Emsland – und natürlich für die Deula.

Quelle:

Norbert Schiff: 300 Jahre und mehr. Zur Geschichte des Hofes Kulüke in Freren. Freren 1997. (Im Archiv des Emslandmuseums Lingen, Bestand: Manuskripte Freren)