Tischkultur anno dazumal

15. Dezember 2020

Mittelalterliches Tafelservice aus dem Nachlass Hartmut Oosthuys (Emslandmuseum)

VIele verbinden mit Weihnachten die Erinnerung an vertraute Gerichte, die es in der Kindheit und Jugend am

Fragmente von Bartmannkrügen

Heiligen Abend oder an den Weihnachtstagen gab: einen Festtagsbraten, ein besonderes Gebäck oder einen bestimmten Nachtisch. Zum Festmahl gehörte früher aber auch die festlich gedeckte Tafel mit dem „besten Porzellan“ einem Tischtuch und gestärkten Stoffservietten. Das war seit dem 19. Jahrhundert so üblich und entsprach dem Ideal der bürgerlichen Tischkultur.

In früheren Zeiten waren die Tischsitten im Bürger- und Bauernhaus sehr viel einfacher. Irdengeschirr aus örtlichen Töpfereien, Holzbrettchen und das Essen aus der gemeinsamen Schüssel waren auch an Feiertagen nicht unüblich.

Das älteste Tafelgeschirr im Emslandmuseum stammt noch aus dem Mittelalter und die Jahrhunderte überdauert hat es im „unterirdischen Lingen“, also in Abfallgruben und verfüllten Brunnen in der Innenstadt sowie in den eingeebneten Stadtgräben.

Der Hobbyarchäologe Hartmut Oosthuys (1949-2015) hat über viele Jahre Baugruben in der Lingener Altstadt untersucht und dabei zentnerweise Fundmaterial zusammengetragen. Alles ehrenamtlich und unbezahlt in seiner Freizeit. Das Fundgut besteht hauptsächlich aus Keramikscherben, die sich im Erdreich besonders gut halten: Fragmente von Delfter Tellern, Irdenware aus verschiedenen Zeiten, Chinaporzellan und englisches Steingut sind unter den Fundstücken vertreten. Aber eben auch manche Stücke aus dem Mittelalter.

2019 übergab die Familie Oosthuys dem Emslandmuseum die umfangreiche Sammlung. Darunter befindet sich auch rheinisches Steinzeug, das wegen der besonderen Tonvorkommen zunächst nur im Rheinland und später auch im Westerwald hergestellt werden konnte – aber eben nicht in Norddeutschland. Mit Schiffen rheinabwärts und weiter mit Pferd und Wagen gelangten Krüge und Kannen, gut in Holzwolle verpackt, auch in das Emsland. Entsprechend wertvoll wurden sie gehandelt und vorzugsweise bei Festen und Feiern aufgetischt, um darin Bier und Wein auszuschenken. Aus bekannten Gründen ging dabei zu späterer Stunde manches Stück zu Bruch und wurde weggeworfen – gut für Hartmut Oosthuys und gut für das Museum!

Wie eine festliche Tafel vor 500 Jahren aussah, zeigen die Bilder des Maler Pieter Breugel aus dem 16. Jahrhundert. Natürlich sind darauf auch die typischen Steinzeugkrüge dargestellt. Und die entsprechende Getränke ebenfalls. Weihnachten und Stephanus lassen winken.