Die Marienstraße

Zwischen Marktplatz und Bahnhof

Blick von der Marienstraße zum Bahnhof, um 1900

Die Marienstraße ist keine mittelalterliche Altstadtstraße, sondern entstand erst nach 1850 als direkte Verbindung zwischen dem Marktplatz und dem neu eröffneten Bahnhof Lingen. Später entwickelte sie sich dann zu einer der Hauptgeschäftsstraßen der Innenstadt

Das Drostenhaus am Markt wurde 1945 zerstört

Am Beginn der Marienstraße stand auf der Ecke zur Lookenstraße bis 1945 das frühere Drostenhaus, errichtet 1646 vom oranischen Drosten der Grafschaft Lingen, Rutger von Harsolte. Das markante Backsteingebäude wurde im Zweiten Weltkrieg bei den Straßenkämpfen um Lingen restlos zerstört.

Ihm gegenüber standen auf dem ersten Abschnitt der Marienstraße das stattliche Wohn- und Geschäftshaus der Großhandlung Hackmann (früher Folkers, später Plesse) und daneben das kleine Haus des jüdischen Textilhändlers Wolf. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten hier das Sanitätshaus Flentje und eine italienische Eisdiele ihre Geschäftsräume.

Das Café Mörker links vor dem Bogenhaus, um 1930
Das Café Mörker um 1950
Eleganz im Stil der 50er-Jahre im Café Mörker

Es folgte das Café Mörker, später Elpert, das durch Erbschaft aus der früheren Bäckerei Goosmann hervorging. Dieses Café war bis in die 70er-Jahre ein beliebter Treffpunkt der Lingener Gesellschaft.

Das Geschäftshaus Adelmann rechts vor dem Bogenhaus, um 1930

An der gegenüberliegenden Straßenseite erwarb 1905 der Kaufmann Gerhard Adelmann zwei alte Gebäude, die er zu einem Geschäftshaus für seine Schuh- und Lederwarenhandlung umbaute. Unter seinem Enkel Hermann Adelmann wurde daraus eine weithin bekannte Spielwarenhandlung mit einem eigenen Spielzeugmuseum.

Blick auf das Bogenhaus mit Durchblick zum Bahnhof, um 1900

In der Höhe der heutigen Abzweigungen der Fußwege zum Pulverturm und zum Parkhügel stand bis 1937 quer über die Straße das sogenannte Bogenhaus. Es war bei der Anlage der Marienstraße gerade frisch umgebaut und sollte aus Kostengründen nicht abgerissen werden. Daher baute man im Erdgeschoss eine Durchfahrt für die Fahrzeuge und seitlich davon zwei Durchgänge für die Fußgänger ein.

Blick aus der Durchfahrt des Bogenhauses in Richtung Bahnhof, um 1900

So entstand an der Straße zum Bahnhof quasi ein viertes Lingener Stadttor. Für die immer größer werdenden Kraftfahrzeuge war die Durchfahrt jedoch zu eng und so wurde das Bogenhaus 1937 abgerissen.

Das Geschäft Müller-Wipperfürth neben dem alten Postamt, um 1970

Hinter dem Bogen schlossen sich rechts das Geschäftshaus Appelhans und das Haus des Arztes Dr. Adelmann an. Etwas zurückversetzt lag das stattliche Wohnhaus des Bürgermeisters Werner von Beesten, in dem später der Bierverlag von Lobenberg seinen Sitz hatte. Bis zum Abbruch 2008 hatte hier das Geschäft „In’t olle Hus“ seine Verkaufsräume. In dieser Höhe endete die geschlossene Bebauung und auf der rechten Straßenseite folgten nur noch das Kaiserliche Postamt und das Bahnhofshotel Nave. Später nahmen hier große Textilkaufhäuser ihren Sitz: in den 60er-Jahren Müller-Wipperfürth und in den 70er-Jahren C&A.

Das Hotel Lambers, später Heskamp; Ansichtskarte, um 1900
Das Hotel Lambers, später Heskamp, um 1890
Saal im Hotel Heskamp, um 1910
Das Hotel Heskamp, um 1910

Auf der linken Straßenseite stand anstelle des heutigen Centralkinos früher das Hotel Heskamp, in dessen Saal die ersten Filmvorführungen in Lingen stattfanden. Daneben stand ein Bürogebäude, in dem früher einmal das Lingener Finanzamt seinen Sitz hatte.

Das „Braune Haus“ (Mitte) der NSDAP in der Marienstraße

Ab 1933 entstand hier der Neubau des „Braunen Hauses“ für die Kreisleitung der NSDAP. Es brannte beim Einmarsch der englischen Truppen 1945 nieder und später entstanden hier neue Geschäftshäuser.

Das Centralkino um 1949

Das Kino wurde nach dem Krieg rasch wieder aufgebaut und zählte in den 50er-Jahren zu den bekanntesten „Lichtspielhäusern“ im Emsland.

Blick aus Richtung Bahnhof auf das alte Postamt und das Bogenhaus, um 1890
Das frühere Haus des Kaufmanns Wolbeck dient heute als Modehaus

Es folgten dann zwei großzügige Wohnhäuser, die heute noch stehen. In dem einen hatte der Rechtsanwalt Becker-Platen sein Büro, bis es zum Modehaus „Tom Tailor“ umgebaut wurde. Das Modehaus rechts daneben wurde um 1880 als Wohnhaus für den Kaufmann Wolbeck errichtet. Später hatte hier das „Evangelische Sängerheim“ seinen Sitz und anschließend das Hotel zur Post.

Blick vom Bahnhofsvorplatz in die Marienstraße, um 1900

Es folgte dann noch das stattliche Wohnhaus des Bauunternehmers Lühn mit einem Nebengebäude für das Baugeschäft, in dem Ende der 60er-Jahre die bekannte Diskothek „VAT 69“ die Tanzfläche freigab. Das Ende der Marienstraße markierte links auf der Ecke das große Lagerhaus der Großhandlung Bräkel, Nachfolger Wolbeck. Dort wurde später der Neubau der Landeszentralbank errichtet, mittlerweile Sitz einer großen Rechtsanwaltskanzlei.

Blick aus dem Bahnhofsgebäude: Links am Eingang zur Marienstraße stand das Hotel Nave

Das gegenüberliegende Eckhaus wurde gleichzeitig mit dem Bahnhof als Hotel errichtet. Über mehrere Generationen wurde es von der Familie Nave betrieben und ist heute als Parkhotel bekannt.

Blick vom Bahnhof auf den Eingang zur Marienstraße, um 1900