Schafe, Bienen, Wald

Der Hof Lübbers in Reitlage

Der Hof Lübbers in Reitlage bei Schepsdorf (um 1925)

Reitlage ist die kleinste Bauerschaft des Lingener Ortsteils Schepsdorf und liegt in einem Waldgebiet am linken Ufer der Ems. 1273 wird der Ort zum ersten Mal erwähnt und konnte daher im vergangenen Jahr sein 750jähriges Jubiläum feiern. 1850 lebten in Reitlage nur vier Familien mit insgesamt 38 Personen. Es handelte sich dabei um die Bauernfamilie Lübbers und Cordes sowie deren Heuerleute, die Familien Brinker und Kuhrs.

Altes Heuerhaus des Bauern Lübbers (um 1900)

In einer alten Beschreibung heißt es über die Bauerschaft Reitlage: „Es lohnt sich auch bei uns, einmal einen Spaziergang vor die Tore unserer Stadt zu machen. Wenn wir dem Lauf der Ems bis zur großen Schleife folgen, dann kommen wir nach Reitlage. Was mag wohl dieser Ortsname bedeuten? Die Ufer der Ems, die vor 300 Jahren einen anderen Verlauf als heute hatten, waren dicht mit Schilf (plattdeutsch Reit) bewachsen.

Die Ems bei Reitlage nach dem Flussausbau (um 1935)

Damals soll ein großes Hochwasser gewesen sein, so wie wir es im Jahre 1946 erlebten. Damals suchte sich die Ems gewaltsam einen anderen Weg und bildete in der Nähe der heutigen Ortschaft Reitlage eine große Schleife. Hier floß der Fluß normalerweise träge dahin. Ann dieser günstigen Stelle siedelten sich Bauern an und es entstand der Ort Reitlage.“

Heimatkundeartikel über Reitlage (um 1950)

Die historische Quelle berichtet, dass im Jahre 1273 die Witwe eines Wibold Scapesculdere zu Lingen einen Bauernhof in Reitlage an das Kloster Gravenhorst verkaufte. Es handelte sich dabei um den heutigen Hof Lübbers, der noch im 18. Jahrhundert diesem Kloster gehörte ihm und zu Diensten und Abgaben verpflichtet war.

Alter Sandweg in Reitlage (um 1900)

Eine Beschreibung von 1950 berichtet: „Hier liegt der Hof Lübbers, der von einem prachtvollen Eichenholzbestand umgeben ist, wie man ihn heute nur selten findet. Wir erfahren, dass dieser Hof für unsere Gegend eine mehr als beachtliche Größe hat: Er ist 268 Hektar groß. (Wenn wir zum Vergleich die Größe des Vatikanstaates mit 44 Hektar heranziehen, so kommt uns die stattliche Zahl von 268 Hektar erst richtig zum Bewusstsein!). Ein Großteil der Besitzungen ist Wald und nur ein Teil Ackerland. Die Liebe des verstorbenen Besitzers gehörte vornehmlich der Erhaltung und Pflege des Waldes und Wildbestandes. Er war ein vorbildlicher Heger und Jäger.“

Altes Heidegebiet in Reitlage

Vor der Anpflanzung der großen Forsten besaß der Hof ausgedehnte Heideflächen, auf denen eine eigene Schafherde gehalten wurde. Mit der Kultivierung und Aufforstung der Heide wurden die Schafe abgeschafft.

Schäfer August Poll mit der Schafherde von Lübbers auf der Heide

Zum Hüten der Herden hatten Lübbers und Cordes jeweils einen eigenen Schäfer beschäftigt, der die Tiere tagsüber auf die Heide trieb und beaufsichtigte. Abends brachte er die Schafe auf den Hof zurück, wo sie in einem Schafstall übernachteten.

Besuch aus Lingen bei Schäfer Poll und seiner Schafherde (um 1925)

Der letzte Schäfer bei Lübbers war August Poll. Er gehörte noch zur alten Generation der Schäfer, die ihre Kenntnisse von Kindheit an in der Praxis erworben hatten. 1927 wurden Poll in Anerkennung seiner langjährigen Tätigkeit als Schäfer bei Lübbers vom Hannoverischen Schäferverband eine Ehrenurkunde ausgestellt.

Schäfer August Poll beim hüten der Kühe von Lübbers (um 1940)

Als die Schafherde nach dem Zweiten Weltkrieg wegen der Aufforstungen abgeschafft wurde, übernahm Poll die Kuhherde. Im Sommer trieb er die Kühe durch die Ems zu den Weiden von Lübbers auf dem östlichen Emsufer in Reuschberge.

Schäfer August Poll im Ruhestand bei Lübbers

Später verbrachte Poll sein Altenteil auf dem Hof Lübbers und wurde nach seinem Tod auf dem Friedhof in Schepsdorf begraben. Da er keine Verwandten hatte, kümmerten sich Lübbers auch um die Pflege des Grabes.

Bienenhaus mit Bienenkörben bei Lübbers (um 1900)

Neben der Schafzucht wurde bei Lübbers auch die Bienenhaltung betrieben. Opa Hermann Lübbers besaß noch 100 Bienenvölker, die wertvollen Heidehonig lieferten. Da hieß es „Honigpreis ist Butterpreis“. Der Honig wurde also zum gleichen Preis pro Menge wie die früher sehr teure „gute Butter“ berechnet.