Hermann Klaas aus Brockhausen – Architekt in Lingen

Bauten der 20er- und 30er-Jahre in Lingen um Umgebung

Bauernhaus Jaske in Laxten von 1934 (abgebrannt)

Der Architekt Hermann Klaas wurde im Jahre 1900 als Bauernsohn auf dem Hof Klaas in Brockhausen geboren. In der 50er- und 60er-Jahren war er der bekannteste Architekt in Lingen. Heute präsentiert das Emslandmuseum hier Bauten von Hermann Klaas aus den 20er- und 30er-Jahren.

Architekt Hermann Klaas (Mitte) mit seinen Brüdern vor dem Elternhaus in Brockhausen

Bis zum Ersten Weltkrieg besuchte er die Volksschule in Brögbern (Brockhausen und Brögbern bildeten damals einen Schulverband) und begann dann eine Ausbildung zum Zimmermann. Das erste Lehrjahr absolvierte er im Baugeschäft Karl Deiters in Emsbüren. In den Jahren 1915 und 1916 diente er beim Militär und machte dann zwei weitere Lehrjahre bei der Baufirma Gerhard Lühn in Lingen. 1918 bestand er die Gesellenprüfung und arbeitete anschließend ein Jahr als Zimmermannsgeselle im Baugeschäft Deiters in Emsbüren.

Anbau mit Laden an die Fahrzeugwerkstatt Boyer an der Haselünner Straße

Von 1919 bis 1923 war er Bauleiter und Polier bei der Baufirma Lühn in Lingen. Anschließend ging er zwei Jahre an die Baugewerkschule in Münster und machte 1925 die Meisterprüfung. Dann arbeitete er mehrere Jahre bei der Firma Lühn in Lingen.

Anbau mit Schaufenstern bei Boyer an der Haselünner Straße

Um das Jahr 1930 bekam er aufgrund einer Neuorganisation der Ausbildungs- und Prüfungsordnung den Titel des Bautechnikers zuerkannt und durfte sich nach einer weiteren Änderung der Berufsordnung als Architekt niederlassen.

Wohnhaus des Fabrikanten Anmend in LIngen von 1929 (heute Bereich K&K-Markt Rheiner Straße)

Um diese Zeit heiratete er Rosa Ahues von der Haselünner Straße (heutige Adresse Mohrmannstraße) und zog in das Haus seiner Schwiegereltern, in dem auch seine Schwägerin lebte, die Schneidermeisterin Maria Ahues. Hier richtete Hermann Klaas auch sein Architekturbüro ein.

Haus von Lehrer Bröker an der Schwedenschanze (erbaut 1929, abgebrochen)

Vor dem Zweiten Weltkrieg plante Klaas vorwiegende Wohn- und Geschäftshäuser im Stil des Expressionismus der 20er Jahre. Typisch für diesen Baustil war unter anderem ein steiles Zackenornament in Giebeln und Gesimsen – ein Motiv, dass auch in den Entwürfen von Hermann Klaas immer wieder auftaucht.

Klaas entwarf Gebäude in Lingen in der damals schon eng bebauten Innenstadt sowie in den neuen Wohngebieten im Außenbereich, wo die Grundstücker größer waren und die Architektur in Grünanlagen eingebettet werden konnte.

Erweiterung Bauernhaus Hinken in Duisenburg

Außerdem plante er zahlreiche Anbauten von Wohn- und Wirtschaftstrakten an bestehende Bauernhäuser in der Umgebung von Lingen. Dabei legte Klaas großen Wert auf eine architektonische Gestaltung der landwirtschaftlichen Gebäude mit Backsteinfriesen und besonderen Fensterbändern.

Erweiterungsbau Bauernhaus Klaas in Brockhausen

Örtlicher Schwerpunkt seiner landwirtschaftlichen Bauten waren die Bauerschaften östlich von Lingen, wohin die Eheleute Klaas-Ahues viele verwandtschaftliche Beziehungen hatten. In dieser Zeit legte Hermann Klaas ein Album mit Fotografien seiner Bauten an, aus denen die hier gezeigten Fotos stammen.

Erweiterung Bauernhaus Hinken in Duisenburg

Sein Baustil war damals geprägt durch den norddeutschen „Backstein-Expressionismus“ nach dem Vorbild der bekannten Hamburger Architekten Fritz Höger und Fritz Schuhmacher. Wichtigster Vertreter dieser Richtung in Lingen war der Architekt Hans Lühn, der allerdings schon 1932 starb. Hans Lühn war ein Sohn des Bauunternehmer Gerhard Lühn in Lingen, bei dem auch Klaas gearbeitet hatte. Es ist also sicher, dass die beiden sich kannten und sich auch über ihre Entwürfe ausgetauscht haben. Nach dem plötzlichen Tod von Lühn setzte vor allem Hermann Klaas die Tradition des Backsteinexpressionismus in und um Lingen fort.

Remise auf dem Böhmer-Hof

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Hermann Klaas ein regional recht bekannter und geschätzter Kirchenbauarchitekt. Die Maria-Königin-Kirche in Lingen sowie die Kirchen in Brögbern und Darme, Twist-Bülten und Altenberge bei Haren gehen auf seine Entwürfe zurück. Hinzu kamen zahlreiche Kapellen und Friedhofskapellen, Pfarrhäuser und Gemeindehäuser sowie Schulen und Kindergärten. An die expressionistischen Gestaltungsprinzipien der 20er- und frühen 30er-Jahre hat er dabei nicht mehr angeknüpft, sondern moderne Bauformen gewählt. Dem Baumaterial des roten Backsteins blieb er aber zeitlebens treu und auch seine Kirchenbauten aus den 50er- und 60er-Jahren erinnern auf den ersten Blick an eine monumentale Scheune mit markanten Toren.

Bauernhaus Sicking-Bram in Dalum (erbaut 1932)

Alle seine Bauten hat Hermann Klaas fotografisch dokumentiert und in insgesamt sieben Fotoalben sowie einer großen Fotosammlung für die Nachwelt zusammengestellt. Diese Alben und viele weitere Unterlagen über den Architekten Hermann Klaas befinden sich seit einiger Zeit im Archiv des Lingener Emslandmuseums.