Heuerleute und Hollandgänger

Mittwochs im Museum berichtet über die Armen auf dem Lande

Auszug der Hollandgänger (Holzschnitt, um 1860)

An ein wichtiges Kapitel der emsländischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte erinnert am 7.2. (Mi., 16.00 und 19.30 Uhr) mit einer Präsentation von Dr. Andreas Eiynck die Reihe „Mittwochs im Museum“. Anhand von Bildern und Dokumenten schildert der Referent das Schicksal der ländlichen Unterschichten und erläutert die wirtschaftsgeschichtlichen Hintergründe.

Mittwoch, 7.2.: Leider beide Termine ausgebucht!

Für einen Zusatztermin am 8.2. (Do., 16.00 Uhr) sind noch Plätze frei.

Das Erbrecht auf den Bauernhöfen, das den Hof ungeteilt einem der Söhne übertrug, ließ die übrigen Kinder leer ausgehen. Sie hatten lebenslanges Wohnrecht im Elternhaus, aber bekamen eine Aussteuer nur, wenn sie vom Hof abzogen.

Das Heuerhaus Thole in Nordlohne (um 1930)

Manche zogen in die Städte, andere pachteten ein kleines Haus und etwas Ackerland, um eine eigene Landwirtschaft zur Selbstversorgung zu betreiben. Die Miete leisteten sie mit ihrer Arbeitskraft ab. Dieses Pachtverhältnis nannte man „Heuer“ und daher stammt der Name Heuerleute, Heuerlinge oder auch Heuermann.

Bauer und Heuerleute bei der Getreideernte in Freren-Suttrup (um 1900)

Bares Einkommen erzielten manche Heuerleute durch eine handwerkliche Tätigkeit, etwa als Holzschuhmacher oder Hausschlachter, Maurer oder Zimmermann, Schreiner oder Leineweber. Doch die Auftragslage war schlecht, die Konkurrenz groß und die Löhne entsprechend niedrig.

Auszug der Hollandgänger (Zeichnung aus dem Museum in Emsdetten)

So zogen seit dem 17. Jahrhundert immer mehr Heuermänner den Sommer über in die Niederlande, um dort als Saisonarbeiter Geld zu verdienen. Hauptziele waren die Küstengebiet mit den Provinzen Friesland, Nord- und Süd-Holland.

Deutsche Grasmäher in Heemskerk in Nord-Holland (um 1890)

Die Löhne für Akkordarbeit beim Grasmähen und beim Torfstechen waren vergleichsweise hoch. Wer fleißig war und gesund blieb, konnte dort in wenigen Wochen genügend verdienen, um die Familie zu versorgen.

Der nasse Torf wurde per Handarbeit in die Boote ‚gebaggert‘ und dann getrocknet

Doch die Risiken durch Krankheiten und Unfälle waren hoch. Ältere Männer konnten den Akkord nicht mehr schaffen und der Weg in die Niederlande musste natürlich zu Fuß zurückgelegt werden.

Küche in einem Heuerhaus (um 1930)

In den Heimatdörfern waren die zumeist armen Heuerleute wenig angesehen. Viele Bauern betrachteten sie als Menschen zweiter Klasse und fühlten sich von der wachsenden Zahl der Heuerlinge bedroht, die durch die demographische Entwicklung allmählich die Mehrheit in den Dörfern bildeten. Daher versuchten die Bauern, das ländliche Proletariat in Abhängigkeit zu halten.

Erst die Massenauswanderung nach Amerika und die Industrialisierung in Deutschland boten den Heuerleuten neue Perspektiven. Viele verließen die Heimat und wurden Farmer in den USA. Andere zogen als Arbeiter in die Industriestädte. Auf den Bauernhöfen mussten jetzt Landmaschinen die Arbeitskräfte ersetzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich das Thema Heuerleute dann rasch erledigt.

Grasmäher auf einem Giebelstein von 1623 in Amsterdam

Zu der Veranstaltung lädt der Heimatverein alle Interessierten ein. Eintritt 6 €, Anmeldung beim Heimatverein unter j.rickling@dg-email.de oder 0591 62500.