Bei der Kartoffelernte halfen alle mit

Butterbrote mit dreckigen Fingern gegessen

Vor hundert Jahren mussten bei der Kartoffelernte noch alle helfen

Im Herbst stand früher auf allen emsländischen Bauernhöfen und in allen Gemüsegärten in Stadt und Land die Kartoffelernte an. Denn egal ob als Bratkartoffel oder Salzkartoffel, als Stampfkartoffel oder Kartoffelpuffer – die tolle Knolle …

Kinder und Jugendliche verdienten sich beim Kartoffelsammeln ein Taschengeld

war das Nahrungsmittel Nummer eins. Doch erst einmal mussten die Kartoffeln aus der Erde geholt werden. Und das war eine mühsame und bei Regenwetter auch eine sehr schmutzige Arbeit. Denn Aufsammeln musste man die Knollen in jedem Fall von Hand.

Zum Ausbuddeln nutzte man anfangs Rodepflüge und später einfache Kartoffelroder, die sogenannten Schleuderroder. Von einem Pferd gezogen übersetzte ein Zahnrad die Kraft auf drehbare Rechen, die den Boden durchzogen und dabei die Kartoffeln an die Oberfläche schleuderten. Das Aufsammeln übernahmen die Frauen und Kinder, die die Kartoffeln in einen Korb legten und am Ende in einen Ackerwagen umfüllten. Je länger der Arbeitstag sich hinzog, desto länger wurden auch die Arme der Helfer und besonders bei den jüngeren Kindern ging gegen Abend beim Verladen dann schon mancher Korb daneben.

Auf größeren Bauernhöfen waren mehrere Kartoffelroder gleichzeitig im Einsatz und Schulkinder übernahmen gegen ein Taschengeld und eine gute Mahlzeit das Aufsammeln der Kartoffeln. Die Herbstferien hießen früher Kartoffelferien, denn sie waren extra eingerichtet, damit die Kinder bei der Ernte helfen konnten. Viele Jugendliche verdienten sich dabei ihr erstes eigenes Geld, das sie dann auf der Herbstkirmes gleich wieder ausgeben konnten.

Mit der Zeit wurden immer bessere Erntemaschinen erfunden. Ein besonders für kleinere Betriebe geeigneter und preiswerter Kartoffelroder war die 1949 vom Erfinder Bruno Niewöhner konstruierte „Wühlmaus“, bei der die ausgewühlten Kartoffeln auf einem langen Fördersieb vom Sand und vom Kraut getrennt wurden. Die ersten Modelle waren noch für Pferdekraft geeignet. Später wurden die weiterentwickelten „Wühlmäuse“ mit einer Zapfwelle an den Traktor angeschlossen. Diese Maschinen waren seit den 50er-Jahren auch im Emsland auf vielen Bauernhöfen im Einsatz.

Mit der zunehmenden Spezialisierung der Landwirtschaft entwickelten sich später spezielle Kartoffelanbaubetriebe, die große Flächen mit Kartoffeln bewirtschafteten. Hier kamen die Vollernter zum Einsatz, wobei das Sortieren der Knollen noch lange Zeit auf der fahrenden Maschine in Handarbeit erfolgte. Heute wird auch dieser Arbeitsgang von der Maschine übernommen.

Bei der traditionellen Kartoffelernte bekam man nicht nur einen krummen Rücken, sondern auch Hunger. Butterbrote wurden auf das Feld gebracht und an Ort und Stelle verzehrt. Eine Gelegenheit zum Händewaschen gab es dort nicht und daher hieß es: Sand ist gesund – er scheuert den Magen.

Alle Teile der Ernte, die nicht als Speisekartoffeln geeignet waren, verfütterte man an das Vieh, insbesondere an die Schweine. Hierzu mussten die „Schweinekartoffeln“ täglich in einem Viehkessel gekocht und anschließend zerquetscht werden. Das war eine mühsame Arbeit, die meistens die Frauen erledigten. Seit den 50er-Jahren gab es dann große Dämpfanlagen, die eine ganze Wagenladung Kartoffeln gleichzeitig verarbeiten konnten. Große Anlagen dieser Art standen bei den Genossenschaften, kleine mobile Dämpfgeräte fuhren von Hof zu Hof, um die Kartoffeln vor Ort zu verarbeiten.

Abends nach dem Kartoffelsammeln wurden Kartoffelkraut aufgeschichtet und angezündet. In der Glut wurden die ersten frischen Erntekartoffeln geröstet. Sie schmeckten den hungrigen Mäulern immer köstlich und den typischen Geruch des Kartoffelfeuers haben manche Erntehelfer noch heute in der Nase.

Nach getaner Arbeit: Pause auf dem Kartoffelacker