Von Handwerkskünsten und ausgestorbenen Berufen

Viel handwerkliches Wissen und Können ging schon verloren

Schreiner Niemöller in seiner Werkstatt in Schapen, um 1920

Der Berufsalltag im Handwerk hat sich in den letzten 100 Jahren total verändert. Viele Berufe sind dabei verschwunden, andere aber auch neu entstanden.

Die Weberei mit den Handwebstuhl ist schon lange ausgestorben

Fast alle Dinge wurde früher von Handwerkern in Einzelfertigung produziert. Ein wichtiger Rohstoff war dabei das Holz. Der Zimmermann baute daraus Fachwerkhäuser, Brückenkonstruktionen und Dachstühle. Der Drechsler drehte hölzerne Schüsseln und Teller, Stuhlbeine und Treppenpfosten.

Der Schreiner fertigte Möbelstücke, Türen, Treppen und Innenausbauten aus Holzbrettern in Handarbeit an, denn der Maschinenpark in einer Tischlerei war früher überschaubar. Nur reichlich Hobel mit unterschiedlichen Profilen waren in jeder Werkstatt vorhanden. Viele Werkzeuge fertigten die Meister einst sogar selber an. Heute arbeiten die meisten Tischler mit computergesteuerten Spezialmaschinen.

Ganze Fahrzeuge samt Rädern aus Holz baute früher der Stellmacher, der auch Spinnräder und andere Werkzeuge produzierte. Dieser Beruf ist schon vor Jahrzehnten völlig ausgestorben. Ein Beispiel für das Weiterleben alter Handwerkstechniken ist hingegen der Orgelbauer, der bis heute weitgehend mit traditionellen Materialien und Techniken arbeitet.

Überwiegend in Handarbeit, wenn auch unterstützt durch moderne Maschinen, arbeiten bis heute viele Bauhandwerker wie Maurer oder Maler. Wände und Fassaden kann man eben schlecht transportieren. Das Anrühren und Anreichen des Mörtels oder das Anwerfen der Steine auf das Baugerüst sind heute längst Geschichte. Ein beliebter Beruf ist bis heute das Malerhandwerk, denn der Maler macht alles schön. Viele Farben wurden früher vom Anstreicher selber produziert oder aufbereitet. Heute verwenden die Maler in der Regel fertige Industrieprodukte.

Schneidergesellen aus Handrup im Schneidersitz

Die Textilproduktion, die einst Weber und Schneider übernahmen, wurde im 19. Jahrhundert von der Textil- und Bekleidungsindustrie übernommen. Doch auch sie ist mittlerweile aus Europa größtenteils verschwunden. Die meisten Textilien werden heute aus Asien importiert. Kaum zu glauben, aber selbst Schuhe wurden früher vom Schuhmacher einzeln von Hand und ganz aus Naturleder angefertigt. Deshalb waren Lederschuhe auch viel teurer als einfache Holzschuhe. Heute erledigen die meisten Schuster nur noch Reparaturarbeiten oder produzieren Spezialschuhe für den orthopädischen Bedarf.

Fast völlig untergegangen war mit dem Aufkommen von Autos und Traktoren der Beruf des Hufschmiedes. Doch durch die Sport- und Hobbyreiterei hat dieser Beruf eine neue Blüte erfahren. Die Bauschlosserei spielt heute vor allem beim Einrahmen von Glasfassaden eine wichtige Rolle. Kunstvoll geschmiedete Gitter, Tore oder andere Gegenstände aus Schmiedeeisen sind heute eher eine Seltenheit oder werden industriell als Maschinenware hergestellt. Aus dem Beruf des Schlossers entwickelte sich mit dem Aufkommen der Motorfahrzeuge der Zweirad- und der Automechaniker.

Entsprechend der enormen handwerklichen Fertigkeiten der alten Meister herrschte früher ein entsprechender Handwerkerstolz. Handwerksmeister waren in der Gesellschaft als Könner ihres Faches hoch angesehen. Organisiert waren die einzelnen Berufsfelder durch Innungen als Nachfolger der mittelalterlichen Zünfte. Die Dachverbände bilden heute die Handwerkskammern und die Kreishandwerkerschaften.